
Bach, Johann Sebastian - Sonaten für Flöte und Cembalo
Ein Fall von seltenem Gesang
Label/Verlag: Arts music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Mario Folena zeigt in der Einspielung von Bachs Sonaten für Flöte mit und ohne Bass, dass die Flöte äußerst nah mit dem Gesang verwandt ist und dass sich auch aus Flöten, die schon zu Bachs Lebzeiten in Gebrauch waren, höchst brillante Töne blasen lassen.
Johann Sebastian Bach hatte an den Höfen von Köthen, Dresden und Potsdam Gelegenheit, exzellente Flötisten kennen zulernen, hatte in Johann Christoph Bach, dem dritten seiner vier komponierenden Söhne, einen traversflötespielenden Sohn und pflegte mit Quantz und Telemann, die ebenfalls bedeutende Kompositionen für die Flöte schrieben, ein freundschaftliches, wechselseitiges Zitieren in Flötenkompositionen. Dennoch denkt man bei Bach nicht als erstes, ja nicht einmal als zweites oder drittes an Flötenkompositionen. Umso erfreulicher ist es, dass Mario Folena, ein Schüler des großen Jean Pierre Rampal, und der Cembalist Roberto Loreggian sich diesen Werken angenommen und vier Sonaten für Flöte und Cembalo, sowie die Solosonate BWV 1013 aufgenommen haben. Musiziert wurde auf einer historischen Flöte und einem getreu nachgebauten Cembalo, und das Booklet ist sogar gewissenhaft genug, die verwendeten Mikrophone, Vorverstärker und Mischpulte aufzulisten.
Die Aufnahme nimmt durch Folenas exzellenten Flötenton, der klar und schlank ist, erstaunlich frei vom rauschenden Nebenstrom, der auf vielen Traversflötenaufnahmen zu hören ist, sofort die Ohren ganz in Anspruch. Ein interesseloses Wohlgefallen im besten Sinn. Das freie Spiel der Einbildungskraft kreist um die Musik, die Flöte. Unter den Gedanken, denen Folena Stimulus und Gesellschafter ist, stellt sich der Metagedanke ein: Der häufig genannte und geradezu topisch immer wieder aufgerufene Farbenreichtum der historischen Instrumente oder ihrer getreulichen Kopien ist keine Eigenschaft dieser Instrumente, sondern ein Effekt der Kunst des Instrumentalisten. Es liegt, analog zu den modernen Instrumenten, am Musiker, aus dem Reichtum an Schattierungen, die das Werkstück in seinen Händen bereitstellt, einen Reichtum an Farben zu entwickeln. Genau das gelingt Mario Folena auf seiner Traversflöte aus dem Jahr 1730. Er gestaltet die Töne so, dass man sich vor der Flut der aufdrängenden Adjektive kaum retten kann, und fast ein freies Spiel der Signifikanten daraus wird. Denn seine Nuancierungen trennen nicht nur die verschiedenen Register der Flöte, was der angestrebten Illusionen der Zweistimmigkeit an vielen Stellen brillant entgegenkommt, sondern trennen auch unmittelbar wiederholte Phrasen voneinander (v.a. in der Solosonate), einen Begleit- und einen Soloton voneinander (in den begleiteten Sonaten): und damit sind die Färbungen und Abstufungen des Ausdrucks noch gar nicht angesprochen. Er spielt ganz ohne Vibrato: setzt er es aber, wie im ersten Satz der Sonate BWV 1020, gezielt ein, wird es, ganz im Sinne der barocken Flötenschulen, unversehens zur Schmuckform.
Das Einzige ‘Mehr’, das man sich von dieser Aufnahme wünschen könnte, betrifft die Bewegtheit und Beweglichkeit des gemeinsamen Spiels der beiden Musiker. Etwas steif und aneinander gebunden klingen manchmal die Instrumente in den begleiteten Sonaten. In der Solosonate hingegen versteht es Folena ausgezeichnet, aus den atemtechnischen Unmöglichkeiten, die Bach sicherlich nicht unwissend komponiert hat, feine Temposchwankungen und überraschende Fermaten zu zaubern, sodass auch die maximale Beschränkung der Tonmenge, der sich der Komponist in dieser Gattung gegenüber sieht, ein spannendes Ergebnis erzeugt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Johann Sebastian : Sonaten für Flöte und Cembalo |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Arts music 1 30.04.2007 064:28 2003 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
SACD
600554761282 47612-8 |
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"Lassen Sie sich verzaubern von der Bach‘ schen Kammermusik für Flöte, die jetzt bei ARTS MUSIC auf Hybrid-SACD im multichannel Sound erscheint. Mario Folena und der Cembalist Roberto Loreggian interpretieren diese faszinierenden Werke auf historischen Instrumenten. Johann Sebastian Bach hatte während seines Schaffens gleich mehrfach Gelegenheit sich mit der Flöte vertraut zu machen. Bereits während seiner Köthener Zeit 1717 bis 1723 entdeckte er, dank von Flötisten wie H. Freytag und J. G. Würdig, die Möglichkeiten dieses Instruments. Und bei seinem Besuch in Dresden 1717 hatte Bach die Möglichkeit wenigstens zwei bedeutende Flötisten zu treffen: den französischen Virtuosen Pierre Gabriel Buffardin und den persönlichen Flötenlehrer Friedrich II. Johann Joachim Quantz. " |
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Toccata: ""very beautiful"" |
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Arts music ARTS wurde 1993 gegründet. Seither haben wir mehr als 6200 Tracks (das sind über 400 Datenträger) mit Klassischer Musik der letzten 5 Jahrhunderte veröffentlicht. Neben Alter Musik und Zeitgenössischem befindet sich in unserem Katalog auch Musik der größten Interpreten der letzten Jahrzehnte sowie Musik sehr erfolgreicher junger Künstler, die Ihren künstlerischen Zenith noch vor sich haben und diesen mit uns verbringen werden. Die Musikrichtungen reichen von Sakral bis Oper, Kammermusik bis Symphonik, Lied bis Operette. Große Werke Mozarts, Beethovens, Schuberts usw. sind ebenso vertreten wie Raritäten von Rossini, Verdi, Händel und vielen mehr.
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