> > > Charles Daniels: Lute Songs
Sonntag, 4. Juni 2023

Charles Daniels - Lute Songs

Feine Miniaturen


Label/Verlag: Atma classique
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Englische ‚ayres’ sehr nobel und differenziert: Der Tenor Charles Daniels und der Lautenist Nigel North als feinfühlige Gestalter mit viel Potential.

Auf dem Feld der mit überschaubarer Instrumentalbegleitung versehenen Musik für eine Vokalstimme hat die ältere englische Tradition Einiges zu bieten: Ausgehend und geprägt vom Vorbild John Dowlands entfaltete sich eine Kultur der feinen Miniatur, die sich als ‚lute song’ oder ‚ayre’ einen Namen machte. Entscheidende Wurzeln lagen in der älteren italienischen Tradition, wichtige Impulse gingen jedoch zum Ende des 16. Jahrhunderts vom Schaffen Giulio Caccinis aus, dessen grandiose monodische Kunststücke den englischen Zeitgeschmack trafen und prägten.

So eröffnet mit Alfonso II Ferrabosco keineswegs zufällig ein aus Bologna stammender Komponist den Reigen der mit jeweils wenigen Arbeiten vertretenen Musiker. Thomas Campion, Thomas Morley, William Corkine, Thomas Ford, Robert II Jones, Francis Pilkington und Philip Rosseter waren sämtlich in der zweiten Hälfte des 16. und den ersten Jahrzehnten des folgenden Jahrhunderts aktiv, standen in teils enger Bindung zum Hof, waren neben ihrer musikalischen Begabung oft auch dichterisch oder gar artfremd als Jurist tätig.

All diese Komponisten – deren Reihe zu erweitern wäre – haben hochpoetische Stücke geschaffen, deren instrumentale Begleitung sich hauptsächlich akkordisch vollzieht, selten durch kontrapunktische Elemente ergänzt. Die konzentrierte Faktur wird durch die überwiegend syllabische Vertonung noch unterstrichen. Dennoch entfalten sich affektsichere Stücke, die den vielschichtigen Themen der kunstvoll verdichteten, fast ausschließlich syllabisch vertonten Texte größten Raum geben.

Feinsinnig & treffend

 

Am Rande des Montreal Baroque Festival fanden mit dem Tenor Charles Daniels und dem Lautenisten Nigel North im Juni 2006 zwei außerordentlich profilierte Protagonisten der Alten Musik zusammen, um dieses fein abgestimmte Programm aufzunehmen. Daniels, dem interessierten Hörer aus manch richtungsweisender Aufnahme mit dem ‚King’s Consort’ und ‚The Gabrieli Consort’ vertraut, zeichnet sich auch in diesem klein besetzten und dimensionierten Projekt durch seine ebenso lyrische wie warme Stimme aus, überzeugt durch Intonationsstärke und eine frappierende Ausgeglichenheit zwischen den Registern. Die textliche Ebene ‚bedient’ der stilsichere Tenor mit einer sehr aktiven Aussprache und Textbehandlung. Eine weitere Stärke ist in den feinen dynamischen Differenzen auszumachen, mit denen Daniels der Musik sehr verschiedene Facetten abzugewinnen weiß.

Nigel North agiert begleitend im Hintergrund, passt sich in den vokalen Duktus ein, deutet in den von gelegentlicher Kontrapunktik geprägten Stücken – etwa bei Ferrabosco und Morley – jedoch auch sein technisches Vermögen an. Beide Musiker haben die Größe und das Potential, sich zurückzunehmen – und damit dem Affekt freien Raum und die feinen Miniaturen vollkommen unangestrengt zur Wirkung kommen zu lassen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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    Charles Daniels: Lute Songs

Label:
Anzahl Medien:
Atma classique
1
Medium:
EAN:

CD
722056254823


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Atma classique

Das Label ATMA - Seele oder Lebensgeist auf Sanskrit - wurde 1995 gegründet und bietet inzwischen mehr als 200 Aufnahmen von mittelalterlicher bis zu zeitgenössischer Musik mit einem besonderen Schwerpunkt im Barock. Für ihre Aufnahmen umgibt sich Johanne Goyette, Direktorin und zugleich Toningenieurin der Firma, gerne mit wagemutigen Künstlern, um in ihrem Studio Unerhörtes (und Ungehörtes) zu schaffen.
ATMA Classique vertreibt in Kanada, den Vereinigten Staaten, in Europa, Australien und Asien. Das Label erfreut sich zunehmend großen Erfolgs und genießt weltweite Anerkennung für die hohe Produktionsqualität sowohl in aufnahmetechnischer als auch in künstlerischer Hinsicht. Zahlreiche Aufnahmen wurden mit Preisen (Diapason d?or, Goldberg, Prix Opus, Félix, JUNO u.a.) ausgezeichnet.
Im Juni 2004 hat ATMA Classique in Zusammenarbeit mit dem Festival Montréal Baroque den Grundstein zu einem anspruchsvollen Großprojekt gelegt: Über die nächsten fünfzehn Jahre sollen Johann Sebastian Bachs 200 geistliche Kantaten zum ersten Mal im hybriden SACD-Format (Super Audio Compact Disc) mit Surround-Sound aufgenommen werden.


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