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Samstag, 3. Juni 2023

Stamic, Jan Václav - Bratschenkonzerte

Altbackene Bratschenkost


Label/Verlag: Supraphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die Einspielung der Stamitz-Bratschenkonzerte durch den Tschechen Jan Peruska ist über weite Strecken konventionell und vorhersehbar.

Die Literatur für Viola ist insgesamt relativ überschaubar. Immer gerne werden deshalb die Violakonzerte der Stamitz-Familie von Bratschern aufgeführt, da diese darin mit gefälligen und eingängigen Themen glänzen können. Die Stücke entstanden alle in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und bilden dabei exemplarisch die stark fortschreitenden Entwicklungen in der Streicherkultur ab, welche vom Wirken der Stamitz-Familie maßgeblich mitbestimmt wurden. Jan Vaclav Stamitz, das Familienoberhaupt, war nämlich Erster Violinist und musikalischer Direktor der Mannheimer Hofkapelle und in dieser Funktion dafür verantwortlich, dass sich das Orchester schnell in ganz Europa einen Ruf als modernstes Ensemble seiner Art erarbeiten konnte. Von überall her pilgerten Musiker und Musikliebhaber, um die Wunder, die dieses Orchester musikalisch vollführen konnte, zu erleben. Als geradezu bahnbrechend wurden die von ihm kultivierten Orchestercrescendi und -tutti empfunden, bei denen das Publikum wortwörtlich vor Begeisterung von den Sitzen gerissen wurde.

Daneben brillierte Stamitz international als Geigen- und Violavirtuose, wofür er, ganz der Tradition der damaligen Zeit folgend, ein Repertoire an selbstkomponierten Paradestücken im Gepäck hatte. Insgesamt schrieb er zwei Konzerte für Bratsche und Orchester, worin ihn seine beiden Söhne Carl und Anton folgen sollten. Beide waren ebenfalls Streicher und schrieben für den Hausgebrauch verschiedene Konzerte, zu denen auch je drei Violakonzerte gehörten.

Der tschechische Bratscher Jan Peruska hat sich für sein Portrait der Stamitz-Familie drei Konzerte ausgewählt, die jeweils exemplarisch für ihren Verfasser stehen. Das Werk von Jan Vaclav ist noch stark von frühklassischen Modellen geprägt und knüpft an Musiziertraditionen des Barock an. So spielt beispielsweise die Solo-Bratsche ohne größere Pausen auch die Tuttiabschnitte mit und verdoppelt dabei die ersten Violinen.

Die Kompositionen der beiden Söhne zeigen hingegen überdeutlich den Siegeszug der Sonatenhauptsatzform und entsprechen dem Satzideal der Wiener Klassik. Sowohl Carl als auch Anton lassen sich in ihren Werken von Haydn und Mozart inspirieren, was sich unter anderem darin ausdrückt, dass sie die Viola nur noch als reines Soloinstrument dem Orchestertutti gegenüberstellen.

Peruska und die Prague Philharmonia unter der Leitung von Jiri Belohlavek spielen die drei Konzerte in traditioneller Manier mit routinierter Gefälligkeit. Dabei verzichten sie auf eine ausdifferenzierte Dynamik und zeigen sich in der Tempowahl recht unflexibel. Auch mutet die große Streicherbesetzung schwerfällig und schwammig an. Peruska liefert dazu eine durchweg traditionsverhaftete Interpretation der Soloparts ab und schafft es nicht, eigene Akzente zu setzen. Sein Ton ist von reiner Intonation, doch fehlt seinem Spiel die virtuose Brillanz, die auch auf der als behäbig bekannten Bratsche möglich ist. Im Vergleich mit Einspielungen von beispielsweise Wolfram Christ, scheint seine Lesart impulsarm und konventionell. Zum einen mag das an den deutlich verhalteneren Tempi liegen, zum anderen aber auch an Peruskas zögerlichen Phrasierungen.

Abgerundet wird die CD von einem recht lieblos zusammengestellten Booklet, dessen deutscher Text wohl durch ein maschinelles Übersetzungsprogramm erstellt wurde, so holperig und teilweise wunderlich liest er sich.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Stamic, Jan Václav: Bratschenkonzerte

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Supraphon
1
25.05.2007
Medium:
EAN:

CD
099925392925


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Supraphon

Supraphon Music ist das bedeutendste tschechische Musiklabel und besitzt bereits eine lange Geschichte. Der Name "Supraphon" (der ursprünglich ein elektrisches Grammophon bezeichnete, das zu seiner Zeit als Wunderwerk der Technik galt) wurde erstmals 1932 als Warenzeichen registriert. In den Nachkriegsjahren erschien bei diesem Label ein Großteil der für den Export bestimmten Aufnahmen, und Supraphon machte sich in den dreißiger und vierziger Jahren besonders um die Verbreitung von Schallplatten mit tschechischer klassischer Musik verdient. Die künstlerische Leitung des Labels baute allmählich einen umfangreichen Titelkatalog auf, der das Werk von BedYich Smetana, Antonín Dvorák und Leos Janácek in breiter Dimension erfasst, aber auch andere große Meister der tschechischen und der internationalen Musikszene nicht vernachlässigt. An der Entstehung dieses bemerkenswerten Katalogs, auf den Supraphon heute stolz zurückblickt, waren bedeutende in- und ausländische Solisten, Kammermusikensembles, Orchester und Dirigenten beteiligt.


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