
Sir John Barbirolli - Russian Favourites
Italienisches Feuer auf russischer Glut
Label/Verlag: Guild
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine der glücklichsten Allianzen von Dirigent und Orchester: Sir John Barbirolli spornt mit russischen Orchesterwerken das Hallé zu exzellenten Interpretationen an.
Zu den Dirigenten, die alles dirigieren, was bei drei nicht schnell genug auf den Bäumen ist, gehörte Sir John Barbirolli sicher nicht. Der Vollblutdirigent französisch-italienischer Abstammung hatte durchaus seine Vorlieben. Als Mentor zeitgenössischer Musik – er dirigierte u.a. die Uraufführungen von Brittens ‚Sinfonia da Requiem’, die achte Symphonie von Ralph Vaughan Williams oder Darius Milhauds ‚Ouverture philharmonique’ – machte er sich einen Namen. Weniger bekannt ist, dass er ein umfangreiches Repertoire russischer Komponisten in die Konzertprogramme mit ‚seinem’ Hallé Orchestra aufnahm und auch einige Werke für die Schallplatte einspielte. Die ‚Barbirolli Society’ hat in Kooperation mit ‚Guild’ eine CD mit Aufnahmen Barbirollis aus den 1950er Jahren herausgebracht. Es ist dies gängiges Repertoire russischer Orchesterwerke: Rimski-Korsakows ‚Capriccio espagnol’, Anatole Liadows ‚Zaubersee’, Tschaikowskys ‚Romeo und Julia’, ‚Marche Slave’ sowie Ausschnitte aus ‚Schwanensee’, wobei die Aufnahmen der Werke von Rimski-Korsakow, Liadow und Tschaikowskys ‚Schwanensee’ zum ersten Mal auf CD erscheinen.
Erst kürzlich hat Erich Kunzel seinen aalglatten Taktstock in russische Orchesterwerke getaucht und in ein kaltes, oberflächliches, unerträglich zuckersüßes Disneyland verwandelt. Mögen Barbirollis Einspielungen von 1950, 1953, 1957 und 1959 auch nicht dem tontechnischen Bombast heutiger Zeiten standhalten können, so mag man ihnen dennoch den Vorzug geben, denn um wie vieles tiefgründiger, nuancierter, farbiger formt Barbirolli diese Musik heraus! Mit subtiler Agogik und fein austarierter Dynamik geht er bei Rimski-Korsakows ‚Capriccio espagnol’ ans Werk. Das Hallé liefert Barbirolli einen satten, warmen Klang und reagiert auf sein Dirigat mit exzellenter rhythmischer Verve wie es bei Liadows ‚Zaubersee’ mit herrlich balancierten Phrasen und orchestraler Tiefenstaffelung reagiert. Profund beleuchtet Barbirolli Tschaikowskys ‚Schwanensee’-Ausschnitte. Jedem Detail der Partitur wird Barbirolli gerecht und spannt doch den Bogen über das Ganze, ohne sich im Einzelnen zu verlieren. Große Momente evoziert Barbirolli mit seiner Einspielung von Tschaikowskys ‚Romeo und Julia’, große Momente einer durch und durch stringenten Klangkultur und Orchesterhomogenität, wo es schier unglaublich erscheint, wie Barbirolli die Phrasen in den Streichern mit einer solchen glutvollen Binnenspannung ausformen lässt. Manchem heutigen Ohr mag das vielleicht zu überzogen sein, doch die Frage, ob Dünnbrüstigkeit oder Opulenz der Vorzug zu geben sei, entscheidet sich hier unbedingt zugunsten des Letzteren.
Klangtechnisch aufgefrischt, erteilen diese teils über ein halbes Jahrhundert alte Aufnahmen noch so manche Lektion in Sachen reifer, musikantischer Interpretation.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Sir John Barbirolli: Russian Favourites |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Guild 1 23.08.2007 |
Medium:
EAN: |
CD
795754232523 |
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Guild Guild entstand in den frühen Achtzigerjahren auf Initiative des berühmten englischen Chorleiters Barry Rose, der den St Paul's Cathedral Choir in London leitete. Der Name hat nichts mit der nahe gelegenen Londoner Guild Hall zu tun, sondern kommt von Barry Roses erstem Chor, dem Guildford Cathedral Choir. Das frühere Logo (ein grosses G) entstand indem Barry Rose kurzerhand eine Teetasse umstülpte und mit einem Bleistift ihrem Rand bis zum Henkel entlang fuhr. Seit 2002 hat die Firma als Guild GmbH ihren Sitz in der Schweiz, in Ramsen bei Stein am Rhein. Mehr Info... |
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