> > > Berliner Anwältin will Mädchen in Knabenchor einklagen
Freitag, 24. März 2023

1 / 3 >

sdc phil, © Heyde

sdc phil, © Heyde

Ablehnung des Staats- und Domchores zu Berlin soll diskriminierend sein

Berliner Anwältin will Mädchen in Knabenchor einklagen

Berlin, . In Berlin kommt es vor dem Verwaltungsgericht in dieser Woche zu einer interessanten Verhandlung: Anwältin Susann Bäcklein will mit juristischen Mitteln die Aufnahme eines Mädchens im Staats- und Domchor zu Berlin erzwingen. Die Mutter eines neunjährigen Mädchens, das zuvor schon im Kinderchor der Komischen Oper Berlin und in der Domsingschule in Frankfurt a. Main aktiv war, sieht die Ablehnung ihrer Tochter nach einem Vorsingen als Pflichtverletzung des staatlich geförderten Chores, das Kind soll aufgrund seines weiblichen Geschlechts diskriminiert worden sein. Die Klägerin ist der Meinung, die in der Singakademie vermittelte Förderung der Mädchen falle mit Blick auf das Renommee, die Förderung und das Gesangrepertoire des Knabenchores strukturell hinter der Förderung von Jungen zurück. Die beklagte Universität der Künste dagegen ist der Meinung, dass die unterschiedlichen Chorklangräume von Mädchen- und Jungenstimmen eine durch die Kunstfreiheit gedeckte häufigere Ablehnung von Mädchen gerechtfertigt sei.

Die Auswahlkommission des Staats- und Domchors hatte das Kind im März 2019 nach einem Vorsingen abgelehnt. Als Grund waren damals eine ungenügende hohen Leistungsmotivation und eine mangelnde außergewöhnliche Begabung für eine Ausbildung im Chor angegeben worden. Darüber hinaus kamen dem Chor Zweifel an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten, die Grundlage für die persönliche Ausbildung einer Kinderstimme sei. Auch hätte die Stimme des Mädchens nicht dem angestrebten Klangbild des Knabenchores entsprochen. Das Geschlecht des Mädchens habe bei der Ablehnung jedoch nicht im Vordergrund gestanden.

Der Staats- und Domchor Berlin ist einer der renommierten Knabenchöre Deutschlands. Er ist die älteste musikalische Einrichtung Berlins. Bereits 1465 stellte Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg für die Musik fünf „Singeknaben” ein. Gut hundert Jahre später führte die Gründung einer Hofkapelle zur ersten Blütezeit des inzwischen auf zwölf Sänger erweiterten Chors. Zu internationalem Ansehen kam das Ensemble erstmals im 19. Jahrhundert unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy, Otto Nicolai und August Neithardt. Mit dem Ende der Monarchie verlor der Königliche Hof- und Domchor nach dem Ersten Weltkrieg sein politisches und finanzielles Fundament. Er wurde 1923 als „Staats- und Domchor Berlin” der Staatlichen Hochschule für Musik, der heutigen Universität der Künste Berlin, angegliedert. Ausgebildet werden zurzeit rund 250 Jungen und junge Männer zwischen fünf und fünfundzwanzig Jahren. Erarbeitete werden sowohl geistliche als auch weltliche Chorwerke, die von der Renaissance bis in die Gegenwart reichen. Direktor ist Prof. Kai-Uwe Jirka. Für Mädchen gibt es in Berlin den Mädchenchor der Singakademie zu Berlin e.V.

Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel.

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.


Weitere aktuelle Nachrichten:

DNA-Analyse von Beethovens Haar bringt Lichts ins Dunkel
Neue Hinweise auf Todesursache, Erkrankungen und Familiengeschichte des Komponisten (23.03.2023) Weiter...

Preis des Heidelberger Frühlings für Schlagzeuger Martin Grubinger
Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert (22.03.2023) Weiter...

Sopranistin Kathrin Lorenzen gewinnt Telemann-Wettbewerb
Preisgeld in Höhe von 7.500 Euro (20.03.2023) Weiter...

Prix Serdang für Pianist Ariel Lanyi
Preisgeld in Höhe von 50.000 Schweizer Franken (17.03.2023) Weiter...

Bayerischer Verfassungsorden für Dirigentin Joana Mallwitz
Generalmusikdirektorin des Staatstheaters Nürnberg für besondere Verdienste für Kunst und Kultur in Bayern geehrt (17.03.2023) Weiter...

Briefmarke zu Komponist Max Reger
Sonderbriefmarke zum 150. Geburtstag des Komponisten (16.03.2023) Weiter...

Steigerlied wird immaterielles Kulturerbe
Früherer Antrag hatte keinen Erfolg (16.03.2023) Weiter...

Dresdner Kreuzchor trauert um ehemaligen Leiter
Gothart Stier starb im Alter von 84 Jahren (14.03.2023) Weiter...

Berlin: Komische Oper will Flughafen Tempelhof nutzen
Stammhaus wird ab Sommer saniert und umgebaut (14.03.2023) Weiter...

Anton-Bruckner-Privatuniversität künftig mit Nikolaus Harnoncourt Zentrum
Nachlass umfasst Notenmaterial, Medien, Korrespondenzen, Essays und Manuskripte (09.03.2023) Weiter...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Ignaz Joseph Pleyel: String Quartet Ben 341 in C minor - Moderato

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich