Giovanni Pierluigi Palestrina
Missa Papae Marcelli
Unter den ungefähr 100 Messvertonungen Palestrinas nimmt die Missa Papae Marcelli eine Sonderstellung ein. Sie gilt seit Jahrhunderten als ideale Verbindung von Polyphonie und Textverständlichkeit. Die franko-flämische Schule erreichte in ihrer fünften Generation mit den Komponisten Orlando di Lasso und Palestrina ihren Höhepunkt und brachte in der polyphonen Musik unübertroffene Meisterwerke hervor.
Schon wieder eine Messe! Unsere Leser der ersten Stunde könnten auf den Gedanken kommen, daß sich die Komponisten vor 1600 nur mit Messvertonungen beschäftigten. Nach der Messe de Nostre Dame und der Missa Prolationum stelle ich nun die dritte Messe in Folge vor. Natürlich gab es viele andere Gattungen, doch den lateinischen Text des Messordinariums zu vertonen, haben fast alle Komponisten als große Herausforderung betrachtet und gerade in diesen Werken ihre Meisterschaft unter Beweis gestellt. Selbst Beethoven, der sich der Kirchenmusik nur selten widmete, bezeichnete die Missa Solemnis als sein bestes Werk. Wir bleiben aber noch im 16. Jahrhundert und bei der Missa Papae Marcelli, die oft in Zusammenhang mit dem Tridentiner Konzil (1545-1563) erwähnt wird. Im Rahmen dieses Konzils wurde unter anderem über grundlegende Fragen der Kirchenmusik beraten. Die Kirche kritisierte zum einen den weltlichen Einfluß auf die sakrale Musik und verwies auf das damals populäre Volkslied "L'homme armé", das schon von Dufay als Cantus firmus in einer Messvertonung verwendet worden war. Er übernahm die bekannte Melodie in den Tenor und unterlegte sie mit dem lateinischen Messetext. Diese als Tenormesse bezeichnete Gattung wurde von nahezu allen Komponisten der folgenden Generationen gepflegt und gerade die "Missa L'homme armé" ist im Werkverzeichnis aller großer Komponisten zwischen Dufay und Palestrina zu finden. Zum anderen lehnte die Kirche die künstliche, aufwendig verzierte und somit unverständliche Vokalmusik ab und warf den Komponisten Dekadenz und Mißbrauch vor. Zum Verbot der polyphonen Musik in der Kirche kam es trotz entsprechender Anträge aber nicht, doch die geistliche Führung verlangte in Zukunft den Ausschluß von weltlichen Melodien, Textverständlichkeit und eine Würde im Ausdruck. chon der 1555 verstorbene Papst Marcellus II., der nur 22 Tage im Amt war, beklagte sich bei Palestrina über die vielen Koloraturen und die komplizierten Rhythmen, die das Verstehen des geistlichen Textes unmöglich machten. Sieben Jahre nach dem Tod des Papstes widmete ihm der Komponist diese Messe, die seine und auch die Wünsche des Konzils erfüllte.
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"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
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