Ludwig van Beethoven
Das Violinkonzert
Wenn Czerny von "größter Wirkung" spricht, spielt er auf die Reaktion des Publikums an, das wahrscheinlich vor allem den virtuosen Geiger Clement feierte. Die Meinungen zu Beethovens Komposition dagegen waren eher kritisch, wie folgende Rezension zeigt, sie erschien zwei Wochen nach der Uraufführung in der Wiener Theaterzeitung: Der vortreffliche Violinspieler Klement spielte unter anderen vorzüglichen Stücken, auch ein Violinconcert von Beethhofen, das seiner Originalität und mannigfaltigen Stellen wegen mit ausnehmendem Beifall aufgenommen wurde. Man empfing besonders Klements bewährte Kunst und Anmuth, seine Stärke und Sicherheit auf der Violin, die sein Sclave ist, mit lärmenden Bravo. - Ueber Beethhofens Concert ist das Urtheil von Kennern ungetheilt; es gesteht demselben manche Schönheit zu, bekennt aber, daß der Zusammenhang oft ganz Zerrissen scheine, und daß die unendlichen Wiederholungen einiger gemeiner Stellen leicht ermüden könnten. Es sagt, daß Beethhofen seine anerkannt großen Talente gehöriger verwenden und uns Werke schenken möge, die seinen ersten Symphonien aus C und D gleichen, seinem anmuthigen Septette aus Es, dem geistreichen Quintette aus D dur und mehreren seiner frühern Compositionen, die ihn immer in die Reihe der ersten Componisten stellen werden. Man fürchtet aber zugleich, wenn Beethhofen auf diesem Weg fortwandelt, so werde er und das Publicum übel dabei fahren. Die Musik könnte so bald dahin kommen, daß jeder, der nicht genau mit den Regeln und Schwierigkeiten der Kunst vertraut ist, schlechterdings gar keinen Genuß bei ihr finde, sondern durch eine Menge unzusammenhängender und überhäufter Ideen und einen fortwährenden Tumult einiger Instrumente, die den Eingang charakterisieren sollten, zu Boden gedrückt, nur mit einem unangenehmen Gefühl der Ermattung das Concert verlasse. Dem Publikum gefiel im Allgemeinen dieses Concert und Clements Phantasieen außerordentlich. Johann Nepomuk Möser, der Autor dieses Artikels, wird ein großer Anhänger Haydns und Mozarts gewesen sein und lehnt die zukunftsweisenden, mit der Tradition brechenden Werke Beethovens ab. Besonders das Verschweigen der Eroica - auch zu deren Uraufführung hatte Möser eine Rezension geschrieben - macht diese Einstellung deutlich. Statt die Genialität der dritten Sinfonie hervorzuheben, empfiehlt der Kritiker die ersten beiden Sinfonien, denen Haydns Londoner Werke als Vorbild gedient hatten. Auch die lobende Erwähnung des Septetts op. 20 und des Streichquintetts op. 29, das übrigens in C und nicht in D-Dur steht, unterstreicht Mösers Vorliebe für Beethovens erste Schaffensperiode, die man bis etwa 1802 ansetzt. Vor allem die späteren und nicht die frühen Werke des Komponisten waren es, die ihn "immer in die Reihe der ersten Componisten stellen werden." In diesem Punkt irrt Möser zweifellos. Durchaus schwieriger ist seine Einstellung zur formalen Gestalt des Violinkonzerts zu bewerten. Sie sei zerrissen, von vielen ermüdenden Wiederholungen gekennzeichnet und mit Ideen überhäuft, heißt es. Bevor man nun CD oder Partitur zur Hand nimmt und das Werk auf jene Kriterien hin untersucht, muß man wissen, daß die uns bekannte Fassung nicht diejenige war, die am 23. Dezember 1806 zur Aufführung kam. Das Autograph wurde 1807 noch einmal von Beethoven bearbeitet. Am unteren Rand einer jeden Seite war Platz genug, um noch ein bis drei Varianten zur Solostimme zu notieren. Mit Bleistift konzipierte Beethoven außerdem den von Clementi gewünschten Klavierpart. Im Autograph, das in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt wird, spiegelt sich mit der hastig niedergeschriebenen ersten Fassung, der für die Drucklegung überarbeiteten zweiten und den Notizen zur Klavierfassung die Geschichte des Werkes.

Das Autograph (1. Satz, Takt 194 - 196) - die heute gültige Fassung enthält die Triolen, die ab Takt 195 in der zweiten Zeile von unten stehen.
Portrait

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