Joseph Haydn
Kaiserquartett
Seine ersten Streichquartette, die frühen Divertimenti, schrieb Haydn nachdem er schon einige Trios für zwei Violinen und Cello komponiert hatte. Als alter Mann erzählte er, er habe diese ersten Quartette auf Wunsch des Fürsten Karl Joseph Weber von Fürnberg geschrieben. Der Fürst hatte Stücke für die vier Musiker in seinem Umfeld gesucht. Dabei handelte es sich um seinen Pfarrer, um seinen Gutsverwalter, um Haydn selbst und einen Cellisten namens Anton Albrechtsberger. Laut Haydn war es also ein "ganz zufälliger Umstand", der ihn zur Quartettkomposition brachte. Bis 1771 lagen 36 Streichquartette vor und 1781, nachdem Haydn zehn Jahre keines geschrieben hatte, erschienen die "Russischen Quartette" op. 33. Spätestens in dieser Werkgruppe hat Haydn das Streichquartett auf eine besondere künstlerische Ebene gehoben. Haydns Verleger veröffentlichte die Quartette nicht einzeln, sondern immer in Serien von meistens sechs Werken. 1786 erschienen die Quartette op. 50, 1789/90 die sogenannten Tost-Quartette 1793 die dem Grafen Anton Apponyi gewidmeten Quartette. Auf jede neue Serie reagierte die damalige Musikwelt mit überschwenglichen Kommentaren, zu den Apponyi-Quartetten hieß es: "Dieses Gepräge eines großen Genies findet sich vorzüglich in jenen neuen Quartetten, ..." (Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag, 1796). Als im Jahre 1797 dann die neunte Serie mit Streichquartetten Haydns erschien, war natürlich auf die neuen Werke des Meisters gespannt. Diese neunte Serie nennt man auch nach ihrem Widmungsträger Erdödy-Quartette. Der schwedische Gesandschaftssekretär Frederik Samuel Silverstolpe schrieb im Juni 1797 an seine Eltern: "Vor einigen Tagen war ich wieder bei Haydn … Bei dieser Gelegenheit spielte er mir auf dem Clavier vor, Violinquartette, die ein Graf Erdödi für 100 Ducaten bei ihm bestellt hat und die erst nach einer gewissen Anzahl von Jahren gedruckt werden dürfen. Diese sind mehr als meisterhaft und voll neuer Gedanken. Während er spielte, ließ er mich neben ihm sitzen und beobachten, wie er die Stimmen in der Partitur eingeteilt hat." Das dritte der Erdödy-Quartette ist das wohl bekannteste Streichquartett Haydns: Das Kaiserquartett. Qualitativ steht es nicht höher als andere Werke des Komponisten. Der Grund für die Popularität ist allein der Umstand, daß die Melodie des zweiten Satzes später zur deutschen Nationalhymne wurde. In London hatte Haydn die englische Hymne "God save the King" gehört und schenkte wenig später seinem Vaterland in jener unruhigen Zeit die Hymne "Gott erhalte Franz, den Kaiser". Während einer Opernaufführung im Wiener Burgtheater am Geburtstags des Kaisers erhielt jeder Besucher ein Exemplar der Hymne und als der Kaiser den Saal betrat, begann die Menge zu singen. Sehr schnell verbreitete sich das Lied, dessen heute bekannter Text 1841 von Hoffmann von Fallersleben gedichtet wurde. Im Kaiserquartett griff Haydn die Melodie also noch einmal auf und verarbeitete sie in vier Variationen. Die Melodie selbst wird dabei nicht verändert, man spricht deshalb von einer Cantus-Firmus-Variation. Die Variationen betreffen die anderen Stimmen: In der ersten Variation spielen nur die beiden Violinen, die zweite führt die Melodie und die erste kontrapunktiert diese mit Akkordbrechungen und melodischen Motiven. Das Cello übernimmt das Thema in der zweiten Variation, die Synkopen der ersten Violine stehen der Hauptstimme gegenüber und die zweite Violine sowie die Bratsche - hier in Baßfunktion - füllen den harmonischen Satz. Die dritte Variation beginnt in Moll, die Melodie wird nun von der Bratsche gespielt und die Melodik der begleitenden Instrumente wird zunehmend chromatischer. In ihrem blockhaften Satz erinnert die vierte und letzte Variation zu Beginn an einen Choral. Nachdem die Melodie in den vorangegangenen Variationen durch alle Instrumente gewandert war, kehrt sie nun zur ersten Violine zurück. Nach den ersten vier Takten wird das Thema um eine Oktave nach oben versetzt, so daß es abschließend in hoher Diskantlage erklingt. Das folgende Notenbeispiel zeigt die erste Zeile des Liedes in Haydns Klavierversion:

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