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Asmik Grigorian in "Salome", © Monika Rittershaus
Musikdrama in einem Aufzug von Richard Strauss
Salome
Wie sehr brillante Inszenierungen, Gesangs- und Orchesterdarbietungen die Menschen begeistern können, war am vergangenen Wochenende in der Staatsoper Hamburg zu erleben: Richard Strauss' „Salome“ in der Inszenierung von Dmitri Tcherniakov. Trotz Erkältungszeit war kein Schniefen, Niesen oder Husten zu hören und am Ende der Vorstellung riss es das begeisterte Publikum förmlich von den Sitzen.
Schauplatz dieser Inszenierung ist eine bunt gemischte, warm ausgeleuchtete, großbürgerliche Abendgesellschaft anlässlich der Geburtstagsfeier des Herodes. Alle sind hier versammelt. Auch der eigentlich gefangene Prophet Jochanaan, dessen mahnende, warnende Rufe und Beleidigungen im Original aus der Zisterne ertönen. Hier sitzt er an der dem Gastgeber gegenüberliegenden Stirnseite der Tafel - mit dem Rücken zum Publikum. Ein Jeans und Jackett tragender, Zigarre und Rotwein trinkender Außenseiter, der liest. Ein spärlich behaarter, unattraktiver Mann, der mit seinen Prophezeiungen und Beleidigungen die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf sich lenkt. Auch Gastgeber Herodes wirkt in seiner blumigen Festtagsgarderobe zunächst eher wie ein harmloser, großzügiger, komischer Emporkömmling, bevor man im Laufe des Abends Zeuge seiner Ängstlichkeit, Gewalt und sexuellen Übergriffigkeiten wird, die Salome verstummen und zur leblosen Puppe erstarren lassen.
Wie Kent Nagano und die grandiosen Gesangssolisten, allen voran die anrührend und differenziert spielende und gestaltende Asmik Grigorian als Salome sowie Bassbariton Kyle Ketelsen als Jochanaan sodann die geradezu filmisch anmutende, kontrastreiche Komposition ausdrucksstark und differenziert ausleuchten, ist ganz große Kunst. Dabei lassen sich Motiv-, Harmonie- oder Klangfarbenwechsel, jedes musikalisch bedeutsame Detail, einfühlsam - mal in Bild, Kostümwechsel oder Requisiten, gepaart mit Gestik, Mimik oder Haltung - wiederfinden. Schritt für Schritt werden so die physischen und psychischen Grausamkeiten des Abends rekonstruiert, das Publikum geradezu in das Geschehen hineingezogen, um sodann wieder - zum erschütternden Ende - in Distanz entlassen zu werden. Denn hier stirbt niemand, frei nach dem Motto Oscar Wildes: „…Denn jeder tötet, was er liebt. Nur stirbt nicht jeder daran.“
Kritik von Ursula Decker-Bönniger
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