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Die Frau ohne Schatten, © Matthias Jung
Saisoneröffnung der Spielzeit 2023/24 an der Oper Köln
Die Frau ohne Schatten
Noch finden die Aufführungen der Oper Köln im Veranstaltungsgebäude Staatenhaus in Köln-Deutz am Rheinpark statt. Welche besonderen Möglichkeiten mit diesem Standort verbunden sind, zeigt die Eröffnungsinszenierung der Saison 2023/24 mit Hugo von Hofmannsthals und Richard Strauss’ „Die Frau ohne Schatten“. Seitlich der offenen Bühnenfläche ist das über 100 Musiker umfassende Gürzenich-Orchester untergebracht, mit Glasharmonika, zwei Harfen, Celesta, Tamtam, Wind- und Donnermaschine um nur einige der besonderen Klangfarben des Strauß-Orchesters zu nennen. Unter den über 20 Gesangssolisten der Oper „die Frau ohne Schatten“ sind auch Kinder. Zu den Dienern, dienenden Geistern und Geisterstimmen, die vom Chor der Oper Köln dargestellt werden, gesellen sich die Stimmen zahlreicher Jungen und Mädchen der Kölner Dommusik. Zusätzlich unterstützen weiß gewandete, am Boden kriechende, schlängelnde Geister-Statisten das Spiel auf der Bühne.
Das Libretto von Hugo von Hofmannsthal und die Komposition von Richard Strauss erinnern an eine märchenhafte, emanzipatorische Parabel. Entstanden mitten im ersten Weltkrieg will die Oper Fragen über ethische Grundsätze aufwerfen, z.B. wie (Anfang des 20 Jahrhunderts) der Übergang in eine bürgerlich-demokratische Gesellschaft friedlich gestaltet werden kann. Zwei freiheitlich gesinnte Frauentypen stehen sich gegenüber: Die Färberin, die sich unter den gegebenen Lebensverhältnissen ihrem Ehemann sexuell verweigert und die Kaiserin, die einem mit Zauber- und Verwandlungskräften ausgestatteten Feen- und Geisterreich entstammt, als Gazelle mittels eines roten Falken vom Kaiser erjagt wurde und nun ein tristes, eingeschlossenes Dasein fristet. Sie will Mensch werden, einen Schatten werfen und dem Kaiser ein Kind gebären, da sonst ihr Gatte zu „versteinen“ droht.
Johannes Leiacker hat das Gebirge, Freiheitssymbol der Deutschen Romantik, in einen kalten, Einsamkeit symbolisierenden, grauen, spitzen Felsbrocken verwandelt. der von einer gigantischen weißen Treppe mit abgerundeten Ecken und unregelmäßig überstehenden Stufen umgeben ist. Oben berichtet die Amme einem weiß gewandeten, behelmten Boten, die Frau werfe noch keinen Schatten, um sodann mit der Kaiserin in die verhasste Menschenwelt hinabzusteigen. Unten sammeln Barak und seine Brüder auf der Treppe verteilte abgelegte Kleidungsstücke, um sie auf dem Markt zu verkaufen.
Immer mehr von bewegten pastellfarbenen, zarten, leicht kitschigen Farbönen umgeben, erzählt Katharina Thoma die Handlung aus dem Blickwinkel der ungeborenen, später Mensch werdenden und die Bühne bevölkernden Kinder. Sie konzentriert ihre Inszenierung dabei vor allem auf die mühselige und widersprüchliche Selbstfindung der beiden Frauen.
Packend im Spiel und differenziert im Gesang verkörpert Irmgard Vilsmaier die Amme. Mal fahl, mal hochdramatisch deklamierend versucht sie wie eine teuflische Schlange, der Färberin den Schatten abzuluchsen. Im zweiten Akt sind Prüfungen wie Überschwemmungen und Trockenheit zu bewältigen. Lise Lindström ist mit schlank geführtem, agilen Sopran die sich abgrenzende, nach Selbstverwirklichung strebende Färberin. Sie entscheidet sich schließlich gegen den verführerischen Jüngling - bei Thoma humorvoll ein die Treppe wischender, emanzipierter Ken. Daniela Köhler gibt ihr Rollendebüt als Kaiserin. Angesichts des harten Arbeitsalltags der Färberfamilie lernt sie den Menschen Barak und seine Hilfsbereitschaft schätzen und lieben, um schließlich als Mensch im dritten Akt zu voller klanglicher Schönheit zu erblühen. Jordan Shanahan, auch er feiert sein Rollendebüt, ist ein klangvoller, dramatisch aufblühender Barak, AJ Glueckert (Rollendebüt) stellt den vereinsamten Kaiser dar.
Kritik von Ursula Decker-Bönniger
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