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Die Erdfabrik, © Heinrich Brinkmöller-Becker
Georges Aperghis Werk Erdfabrik bei der Ruhrtriennale 2023
Das Bergwerk ruft
"…Hörst du des Schwadens Sausen nicht? Wie Hagel bröckelt es zum Grund - Der Hammer pickt, die Stufe bricht; - Weh, weh! es zündet, flammt hinein! Hinweg! Es schmettert aus der Höh’! Felsblöcke, zuckendes Gebein!…" Das Zitat stammt aus dem 1844 erschienenen Gedicht „Erzstufe“ von Annette von Droste-Hülshoff. Die Dichterin schildert, mischt hier die Naturgewalten eines Sommergewitters mit denen eines herausgehauenen Stückes Erz.
Inspiriert von solch delierender Poesie und Klangmalerei und von der Industriegeschichte des Ruhrgebiets schufen der Komponist Georges Aperghis und der Textdichter Jean-Christophe Bailly das Werk „Erdfabrik“. Es wurde vor wenigen Tagen uraufgeführt und ist aktuell in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord zu erleben. Hier steht das seit 1985 stillgelegte und seit 2000 unter Denkmalschutz stehende Thyssen-Hochofenwerk Duisburg-Meiderich.
Georges Aperghis’ „théâtre musical“ ist kein Musiktheater im herkömmlichen Sinne. Es erinnert vielmehr an Mauricio Kagels experimentelles, instrumentales Theater, wo das Musikmachen selbst, die Sprach- und Klangerzeugung in Szene gesetzt wird. Donatienne Michel-Dansac (Stimme), Christian Diensten (Perkussion), Dirk Rothbrust (Perkussion), Marco Blaus (Trompete) und Sophie Lücke (Kontrabass) sind die Bergleute, die sich ins Erdinnere „vorwagen“. Dabei zaubern sie nicht nur virtuos auf ihren Orchesterinstrumenten, sondern spielen auch ungewöhnliche Klangkörper wie Gleitflöte, Melodica, Steinmaschine, Glocken oder Brummtopf. Kleine Szenenfragmente entstehen. Es tropft in immer wieder neuen, schnell wechselnden Farbkombinationen. Man hört, wie es kratzt, Erdschichten aneinander reiben, Signale ertönen, Steine rollen, Klanglinien auf- und absteigen.
Die gemeinsam mit den Textfragmenten, Gesten und Körperhaltungen entstehenden, immer wieder neu abgewandelten, flüchtigen Klang- und Assoziationsgespinste hätten - meiner Meinung nach - keiner weiteren Bebilderung durch eine Videoinstallation bedurft. Stattdessen hätte man das Klanggeschehen und „Klangberg“ selbst noch mehr erhellen, konzentrierter, weniger flüchtig in Szene setzen können.
Kritik von Ursula Decker-Bönniger
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