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Szenenfoto, © Monika Rittershaus
Die Komische Oper Berlin spielt den Broadwayhit 'La Cage aux folles'
Mit Glamour und Gefühl
Vor rund 40 Jahren erlebte der Broadwayhit „La Cage aux folles“ im Berliner Theater des Westens seine deutschsprachige Erstaufführung. Das Travestiemusical nach dem Kinokassenschlager "Ein Käfig voller Narren" war einer der größten Erfolge der Ära Helmut Baumanns, der damals auch selbst den Zaza spielte. Das Stück funktionierte auch in abgespeckter Form: 2014 in der Bar jeder Vernunft und im Potsdamer Hans-Otto-Theater. Doch jetzt, anno 2023, ist „La Cage aux folles“ zurück auf der großen Bühne, ist angekommen in der Komischen Oper Berlin und das mit viel Glanz und schriller Pracht. Die Inszenierung von Barrie Kosky, seine erste als Nichtmehr-Intendant, zielt auf optische Überwältigung, es wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Schon die Eröffnungsnummer ist ein Knaller, weil Kosky den Titel ernst genommen und das als Paradiesvögel verkleidete Chorensemble in Käfigen platziert hat, vor herabhängenden Stoffbahnen in Dschungelambiente. Otto Pichler, der schon in der räumlich begrenzten Produktion der Bar jeder Vernunft für tänzerischen Pep sorgte, kann nun aus dem Vollen schöpfen. Das tut er so phantasie- wie effektvoll. Seine Truppe, im Stück „Les Cagelles“, von Klaus Bruns mit glamourösen Kostümen ausstaffiert, zelebriert die Showeinlagen perfekt und energiegeladen, da ist der Friedrichstadtpalast nicht nur von der Entfernung her ganz nah.
Doch „La Cage aux folles“ ist mehr als große Revue. Es feiert die lebenslange Liebe und wirbt für Toleranz gegenüber queerer Lebensform und Sexualität, wofür der Song „I am what I am“ steht. Passend dazu hat Rufus Didwiszus die Wohnung des Paares mit Möbeln in Phallusform ausgestattet, die Wand ziert eine Fototapete mit nackten Männerkörpern.
Zur Erinnerung: Die Handlung dreht sich um das seit Ewigkeiten glücklich liierte schwule Paar Georges, Besitzer des Etablissements „La Cage aux folles“, und Albin, alias Zaza, dem Travestiestar. Deren Harmonie wird gestört als Georges’s Sohn die Tochter eines erzkonservativen Politikers heiraten möchte, der gegen alles vermeintlich Anrüchige vorgehen will. Deshalb soll Zaza beim Antrittsbesuch der Schwiegereltern in spe nicht dabei sein. Das tut sie aber doch, auf ihre Weise.
Stefan Kurt verkörpert auf unnachahmliche Art Albin/Zaza, singend und sprechend mit allen nur denkbaren Zwischentönen: er ist als überkandidelte Diva genauso glaubwürdig wie als tiefgekränkter Gefährte im wirklichen Leben. Das ist große Schauspielkunst, auch im Duett mit dem Georges von Peter Renz, dem Vielkönner-Urgestein der Komischen Oper. Inmitten des Trubels sind ihre Liebesszenen berührende, von Innigkeit und Verbundenheit zeugende Ruhepole. Die Brauteltern spielen Andreja Scheider und Tom Erik Lie - der auch als Zaza angekündigt ist - treffend verklemmt, die jung Verliebten die toll tanzende Maria-Danaé Bansen und Nicky Wuchinger, beide beim Musical-Bundeswettbewerb prämiert. Daniel Daniela Ojeda Yrureta schwirrt aufgedreht und exzentrisch als Butler/Zofe Jacob durch das Geschehen. Und dann gibt es noch einen Besetzungscoup, bei dem sich ein bisschen Nostalgie einstellt. Die Barbesitzerin Jaqueline stellt kein Geringerer als Heinz Baumann dar, dessen große Präsenz die eher kleine Rolle zum Hingucker macht. Mit Koen Schoots steht ein Musicalexperte am Pult des Orchesters der Komischen Oper. Das besitzt mittlerweile für jedes Genre die nötige Flexibilität und spielt Jerry Hermans Originalpartitur in wohldosierter Mischung aus Präzision und Lässigkeit.
„La Cage aux folles“, das ist unschwer angesichts des tosenden Beifalls während und nach der besuchten zweiten Aufführung zu prognostizieren, ist der Renner der Saison.
Kritik von Karin Coper
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