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Sonntag, 26. März 2023

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Harawi_Rachael Wilson (Mezzosopran) und Virginie Déjos (Klavier), Copyright: Christian Palm / Ruhrtriennale 2022

Harawi_Rachael Wilson (Mezzosopran) und Virginie Déjos (Klavier), © Christian Palm / Ruhrtriennale 2022

„Chant d’amour et de mort“ von Olivier Messiaen

Adieu, grüne Taube

Die heute als Theater- und Konzertsaal genutzte Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord erinnert in Länge, Breite und rundgebogener Fensterarchitektur eher an ein Kirchenschiff als an einen Konzertsaal. Und doch scheint das an diesem Abend dunkel gehaltene, raue, nackte Ambiente - künstlich angereichert mit heimischem Vogelgezwitscher - wie geschaffen, die bunt schillernde Mystik von  Olivier Messiaen in Szene zu setzen. 

Am Vorabend der diesjährigen Ruhrtriennale erklang hier die 1945 entstandene Komposition „Harawi“. Virginie Déjos (Klavier) und Rachael Wilson (Mezzosopran) nahmen das Publikum mit, entwickelten auf ihrer Reise des „Chant d’amour et de mort“ einen unglaublich intensiven, spannungsreichen, geradezu theatralen Sog. Mal schien sich die mit vollmundiger, klangschöner Stimmtiefe ausgestattete Rachael Wilson dem Publikum zuzuwenden. Mal schmetterte sie der Pianistin Virginie Déjos eine Kunstsprache aus Quechua-Lehnwörtern und lautmalenden Silben entgegen, während diese sie mit hohen, perlenden Spielfiguren umgarnte. Mal kehrte die Sängerin dem Publikum den Rücken, um den Blick auf die Leinwand zu richten. 

Andrew Matthew und Rachael Wilson haben als jeweilige Begleitung der 12 musikalischen Gedichte schwarz-weiße, verschwommen flackernde, überblendete oder auch mehrfach belichtete Filmsequenzen zu Natur, Liebe und Tod gedreht. Sie erzählen ihre eigene Geschichte, stimmen ein oder konterkarieren Messiaens musikalischen Kosmos. 

„Harawi“ ist Messiaens erster Teil der Tristan-Trilogie. Der Quechua-Begriff bezeichnet eine entrückte, im Tod endende Liebe. Die Texte sind von Messiaen selbst. Neben der von Rachael Wilson geradezu sinnlich inszenierten französischen Sprache, verwendet der Komponist auch fremd und fantasievoll klingende Wörter der Quechua-Sprache sowie lautmalende Silben. So führt ein 20 mal wiederholtes „Doundou tchil“ zu Beginn des vierten Liedes das Geräusch der Messing-Zimbeln am Fußgelenk der Tanzenden vor Augen. Aber auch in anderen Momenten der Liebesreise imitieren Gesang und Klavier immer wieder exotische Tierlaute und Vogelgesänge. 

Ob ekstatisch perkussiv oder sinnlich verträumt - es war ein kurzer, wundervoller Einblick in Olivier Messiaens surreal-symbolistische Klangwelten. 

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Kritik von Ursula Decker-Bönniger

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