> > > > > 28.08.2021
Samstag, 9. Dezember 2023

Lambert Orkis, Anne-Sophie Mutter, Copyright: Marco Borrelli

Lambert Orkis, Anne-Sophie Mutter, © Marco Borrelli

Anne-Sophie Mutter in Salzburg

Lyrik und Leidenschaft

Untrennbar mit den Salzburger Festspielen ist der Name Herbert von Karajan verbunden. Er war es auch, der die damals 13-jährige Anne-Sophie Mutter entdeckte und maßgeblich förderte. Seit sie vor über 40 Jahren unter seiner Leitung in Salzburg debütierte, ist auch sie eine Institution bei den Festspielen, nun gab sie zusammen mit ihrem angestammten Duo-Partner Lambert Orkis ein Recital im Großen Festspielhaus. Mozarts e-Moll-Sonate KV 304 steht zu Beginn auf dem Programm, darin fallen zunächst vergleichsweise gemäßigte Tempi auf, auch in der musikalischen Ausgestaltung agieren beide noch etwas zurückhaltend. So wird etwa die Unisono-Staccato-Figur zu Beginn des Kopfsatzes recht verhalten artikuliert, auch das Forte könnte kräftiger ausfallen. Das gilt auch für das darauffolgende, von fünf wiederholten Achteln geprägte Motiv und dessen dynamischen Kontrast, insgesamt fehlt es diesem Mozartspiel an Elastizität, etwas buchstabiert wirkt die Phrasierung zuweilen. Tempowechsel und Ritardandi, wo in den Noten keine stehen, sind sicherlich gewollt, wirken aber nicht immer schlüssig. Im „Tempo di Menuetto“ leuchten Orkis' Verzierungen, Esprit und musikalischer Fluss gehen aber auch hier auf Kosten einer eher romantisierenden Lesart.

Eingespieltes Team

Im Kopfsatz von Beethovens Sonate Nr. 5 F-Dur op. 24 greift Mutter das bekannte Thema mit inniger Tongebung und variablem Vibrato auf. Der Zugang wirkt sofort inspirierter, dieses „Allegro“ hat mehr Elan als das vorangegangene bei Mozart, Orkis' Passagenwerk perlt mit leichtgängiger Frische. Die langjährige Zusammenarbeit merkt man beiden an, die Kommunikation funktioniert. Man spürt, dass beide einander vertrauen, sich als gleichberechtigt betrachten und in der Lage sind, flexibel zu reagieren wenn einmal kurz die Linie auseinanderläuft. Empfindsam gesungen ist das „Adagio molto espressivo“, das „Scherzo“ hat eingangs erfrischende Lebendigkeit und rhythmisch-temperamentvolle Schärfe, fällt aber im "Trio" wieder in eine gewisse Gleichförmigkeit zurück. Vergleicht man etwa, wie Igor Levit vor knapp vier Wochen an der Seite von Renaud Capuçon den Klavierpart in Beethovens „Kreutzersonate“ ausgefüllt hat, erreicht Orkis' Spiel eine solche Intensität nicht.

Sublimes Pianissimo

Nach der Pause folgt mit César Francks A-Dur-Sonate FWV 8 einer der „Klassiker“ der Violinliteratur. Hier sitzt der stilistische Anzug am besten, im Kopfsatz formt Mutter expressive Kantilenen, farbliche Schattierungen fallen reichhaltig aus. Klanglich dezidiert gelingt der zweite Satz, hier werden echte emotionale Energien frei, beide bekommen vollen Zugriff auf die dynamischen Dimensionen. Auch im dritten Satz begeistert Mutters sublimes, bis zu dreifaches Pianissimo. Das Zusammenspiel mit Orkis hat die nötige Impulsivität, es entsteht ein beredter, intimer Dialog. Lyrik und Leidenschaft, beide Aspekte kommen hier zur Geltung. Besonders in diesem Satz spart Franck nicht an Vortragsanweisungen, so holen Mutter und Orkis mit treffender Gestik zum „molto largamente e dramatico“ aus. Im Schlusssatz herrscht klare eine Stimmführung im kanonischen Umgang mit dem Themenmaterial auch wenn Orkis hier stellenweise an technische Grenzen stößt. Stehende Ovationen sind Mutter sicher, unter den Zugaben sind zwei Stücke des US-amerikanischen Komponisten John Williams (*1932), mit dem sie eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit verbindet. Ihr hat er sein zweites, erst kürzlich uraufgeführtes Violinkonzert gewidmet. Hier spielt sie sein weltbekanntes Thema aus dem Film „Schindlers Liste“ mit edlem, sehnsuchtsvollem Ton. Auch der Titel „Nice to be around“ aus dem Streifen „Cinderella Liberty“, mit lässig-jazzigem Touch als eines von diversen Stücken, die Williams eigens für sie für Violine umgeschrieben hat. Damit spannt sie den Bogen ihres immens breit gefächerten Repertoires von Wiener Klassik bis hin zu Filmmusik. Dazu gibt es Brahms´ „Ungarischen Tanz“ Nr. 1 mit kerniger agogischer Zugkraft und raffiniert-originellen Akzentuierungen.  

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Kritik von Thomas Gehrig



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Solistenkonzert: A.-S. Mutter/L. Orkis

Ort: Großes Festspielhaus,

Werke von: Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart, César Franck

Mitwirkende: Anne-Sophie Mutter (Solist Instr.), Lambert Orkis (Solist Instr.)

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