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Klassik am Odeonsplatz, © Marcus Schlaf
Klassik am Odeonsplatz
Brillanter Beethoven
Nach dem meteorologischen Wechselbad der Gefühle am Samstag war im Vorfeld des zweiten Teils von 'Klassik am Odeonsplatz' rechtzeitig klar: Wetterkapriolen waren diesmal nicht zu befürchten, das Konzert würde planmäßig beginnen können. Die Münchner Philharmoniker unter ihrem Chef Valery Gergiev luden zu einem reinen Beethoven-Programm, kraftvoll eröffnet wird der Abend mit der 'Coriolan'-Ouvertüre c-Moll op. 62. Nicht nur die Tonart weist schon in die zweite Konzerthälfte voraus, auch das energiegeladene Wechselspiel zwischen voluminöser Kraft und introvertierten Episoden findet bereits hier statt, Gergievs Dirigat trägt zudem den akustischen Gegebenheiten des Platzes klug Rechnung.
Pianistische Perlen
Solist des zweiten Tages ist Starpianist Daniil Trifonov – der den um ihn betriebenen Kult einmal mehr rechtfertigt. Wie immer ein Erlebnis: seine beinahe schon lässig überlegene Virtuosität, gepaart mit einem schier unendlich facettenreichen Klangspektrum und einer außergewöhnlichen Phrasierungssensibilität. Trifonov gelingt es im Mittelsatz, mit buchstäblich einzelnen, in zarte Pianissimo-Sphären gehüllten Tönen über ein ganzes Areal mit 8.000 Menschen zu gebieten und die Zuhörer vollständig in seinen lyrischen Bann zu ziehen. Auch der Klassik-Gott hat ein Einsehen und unterbindet in genau diesen Passagen jeglichen störenden Lärm durch Umgebungsgeräusche. Dazu kommen in den Ecksätzen wie an der Perlenschnur aufgereiht funkelnde Skalen und Arpeggien. Immer wieder ist es erstaunlich, wie dieser noch so junge Mann mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks Auftritt für Auftritt Spitzenleistungen abliefert. Wie man einen so herausragenden Solopart einfühlsam begleitet, weiß Gergiev zur Genüge aus vielfach bewährter Erfahrung: Fast jedes Klavierkonzert im Repertoire seines Landsmanns hat er mit diesem zusammen schon aufgeführt. Als Zugabe spielt Trifonov ganz in der Kontinuität des Programms das Finale aus Beethovens Es-Dur-Sonate op. 31/3 mit demselben unwiderstehlichen Schwung und den phänomenalen Anschlagsnuancen, wie man sie aus seinen Solo-Recitals kennt, in deren Programm er dieses Werk derzeit hat.
Immense Präsenz
Nach der Pause führen die Philharmoniker vor, wie viel Spaß selbst Beethovens allseits bekannte Fünfte machen kann. Von den wuchtigen Eingangstakten an hat das Spiel der Münchner immense Präsenz, mitreißend spielen sie mit den dynamischen Effekten. Einzig in Teilen des 'Andante con moto' könnte das Pianissimo ein wenig subtiler ausfallen. Klar strukturierte Kante zeigt der Klangkörper in den Fugato-Abschnitten des dritten Satzes, von martialisch-pathetischer Noblesse ist der Schlusssatz durchdrungen. Bei der Zugabe kommt es dann doch zum programmatischen Bruch mit Beethoven, den man freilich im klangfarblich schillernden Rausch des Scherzo aus Mendelssohns 'Sommernachtstraum' gerne verzeiht. Thematisch setzt es in jedem Fall den passenden Schlusspunkt unter zwei hochkarätige Abende.
Ein Kompliment muss man über beide Tage hinweg auch der – überaus aufwendigen – Technik aussprechen: Lediglich am Sonntag sind die Flötenstimmen akustisch ein wenig übersteuert, ansonsten trägt das kompetent konfigurierte, insgesamt 80.000 Watt starke Soundsystem mit dazu bei, das ohnehin exzellente Klangbild beider Orchester gut durchhörbar zu abzubilden.
Kritik von Thomas Gehrig
Kontakt zur Redaktion
Klassik am Odeonsplatz II: Münchner Philharmoniker / Daniil Trifonov
Ort: Odeonsplatz,
Werke von: Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy
Mitwirkende: Valery Gergiev (Dirigent), Münchner Philharmoniker (Orchester), Daniil Trifonov (Solist Instr.)
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