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GrauSchumacher Piano Duo, © Johannes Grau
Frühe Werke von Mendelssohn und Schubert
Werke des Übergangs
‚Zeitenwende‘, so der Titel des 6. Philharmonischen Konzertes im großen Saal der Glocke in Bremen. Felix Mendelssohn Bartholdys Konzert für zwei Klaviere und Orchester in E-Dur und Franz Schuberts Sinfonie Nr. 3 in D-Dur D 200 sind Werke des Übergangs, einer ‚Zeitenwende‘, nicht nur im biografischen Sinne. Das erste wurde mit 14 Jahren komponiert, das zweite mit 18 Jahren. Mendelssohn Bartholdy untersuchte in bemerkenswerter Weise die Möglichkeiten des konzertanten Musizierens und Schubert die des Sinfonischen. Beide Werke haben gemeinsam, dass man sie lange Zeit nicht wirklich ernst nahm. Besonders schlecht erging es Schubert seit Johannes Brahms, der die erste Schubert-Gesamtausgabe (1884–1897) betreute und meinte, diese Stücke sollten nicht veröffentlicht, sondern allenfalls ‚mit Pietät bewahrt‘ werden.
Spitzenklasse
Julia Jones nähert sich Mendelssohns Werk mit einer auf den ersten Blick unspektakulären Sichtweise. Aber schnell wird hörbar, dass hier jemand agiert, der die Bremer Philharmoniker zu einer subtilen Umsetzung des Notentextes bringt. Feinsinnig und filigran spürt sie kleinste klangliche Nuancen auf, wodurch der Interpretation jene Glätte genommen wird, die gerade bei Mendelssohns Musik gelegentlich aufkommen kann. Andreas Grau und Götz Schumacher bilden, das war auch bei diesem Konzert zu hören, ein Klavierduo, das nur noch mit den legendären Gebrüdern Kontarsky verglichen werden kann. Absolute Spitzenklasse! Die überlegene Dramaturgie ihres Zusammenspiels und ihrer Impulse an das Orchester macht dieses Konzert zu einem singulären Ereignis. Als Zugabe erklang das virtuose Ostinato für zwei Klaviere aus Béla Bartóks 'Mikrokosmos'.
Mit der 3. Sinfonie hat man es – wie so oft bei Schubert – mit Musik zu tun, die oberflächlich betrachtet recht harmlos daherkommt. Es braucht hier einen Dirigenten, der sich in der Partitur genau auskennt, der den genialen melodischen und feinsinnigen harmonischen Einfallsreichtum des achtzehnjährigen Schubert auf frische und vorwärtsdrängende Art serviert. Julia Jones kann zupacken: Ihre knallenden Sforzati verdienen ihren Namen, ihre Crescendi kommen wie Sturmwinde daher. Aber fürs Sensible muss man sich bei den ersten Geigen bedanken, die wichtige Impulse gaben.
Ziemlich farblos dagegen die dramatische 'Olympie'-Ouvertüre in d-Moll des sogenannten ‚schwedischen Mozart‘ Joseph Martin Kraus, der bei uns leider fast völlig unbekannt ist. Joseph Haydns Opern fristen im Konzertleben ebenfalls ein Schattendasein, obwohl es hier manch interessantes Werk zu entdecken gibt, wie zum Beispiel die Oper 'L‘incontro improvviso', die wahrscheinlich 1775 komponiert wurde. Die spritzige Ouvertüre ermöglicht einen guten Einblick in das musikdramatischen Schaffen Haydns. Das Werk hat Ähnlichkeit mit Mozarts 'Entführung aus dem Serail', ein Osmin kommt auch vor. Orientalische Stoffe waren damals eben modern und beliebt.
Kritik von Michael Pitz-Grewenig
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6. Philharmonisches Konzert: Bremer Philharmoniker
Ort: Die Glocke (Grosser Saal),
Werke von: Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Schubert, Joseph Haydn
Mitwirkende: Julia Jones (Dirigent)
Detailinformationen zum Veranstalter Bremer PhilharmonikerDieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
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