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Daniil Trifonov mit Alain Altinoglu, Wiener Philharmoniker, © Terry Linke
5. Abonnement-Konzert der Wiener Philharmoniker
Mit allen Sinnen
In dritter Auflage fand am Samstag im Großen Saal des Musikvereins das 5. Abonnement-Konzert der Wiener Philharmoniker statt. Mit einem Werk an buchstäblich beziehungsreicher Stelle beginnt die erste Hälfte: Am 02. Dezember 1910 dirigierte kein Geringerer als Claude Debussy selbst (als einen von vier Programmpunkten) sein 'Prélude à l´après-midi d‘un faune'. An diesem Nachmittag am Pult: Alain Altinoglu, der es schon hier versteht, eine phantastische, impressionistisch bunt kolorierte Klangwelt zu zaubern.
Eindrückliches Stimmungsbild
Herrlich homogene Streicher schwelgen in opulenter Fülle, um exemplarisch gleich darauf fließend in zart schwebende Flötentöne überzugehen. Altinoglus Dirigat kreiert ein erlesenes Bouquet schillernder Farben und entwirft ein eindrückliches Stimmungsbild. Immer wieder können auch einzelne Instrumentalisten glänzen, wie beispielsweise die exzellent gespielte Solovioline. Längst schon und nicht erst seit seinem neuen Album hat Daniil Trifonov seine Visitenkarte als prädestinierter Rachmaninov-Exeget abgegeben. In dessen viertem Konzert op. 40 sind in der Tat sämtliche Qualitäten gefordert, über die der junge Russe verfügt: eine überragende Technik, wie man sie für die Vielzahl an virtuos maximal beanspruchenden Passagen braucht, die Fähigkeit zu vielschichtiger Tongebung und lebendiger Phrasierung. Schon im Kopfsatz zieht Trifonov alle pianistischen Register zwischen entfesselter Akkordkraft und glitzerndem Passagenwerk. Im Largo erweist er sich als Meister kantabler Linien, durch das Allegro vivace fegt er mit fulminanter, unwiderstehlicher Verve. Wie so oft zeigt sich: Ob geballte Power, zerbrechliche Lyrik oder melancholisches Pathos – Trifonov kann und gibt dabei wie stets auch physisch alles.
Herausragend illustriert
Märchenhaft geht es nach der Pause weiter. Klanglich herausragend illustrieren die Philharmoniker sowohl Rimski-Korsakows Suite aus der Oper 'Der goldene Hahn' als auch Ravels zweite Suite zu 'Daphnis et Chloé', mit der sich programmatisch der impressionistisch umrahmende Kreis vom Beginn zum Ende hin schließt. Bis ins Detail werden die programmatischen Handlungen beider Geschichten erzählt und dem Hörer multidimensional vor Augen geführt. Gestochen scharf, mit zupackendem Schlagwerk, wahlweise subtil gedämpftem, dann wieder radikal ungefiltertem Blech setzt das Orchester immer wieder expressive Spitzen und unterstreicht seine Ausnahmestellung in puncto Nuancenreichtum und Intonationspräzision. In ihrer ganz eigenen, unnachahmlichen Klangästhetik dringen die Wiener bis in die Kernsubstanz der Partitur vor und weisen analog zur Bildenden Kunst über einen – wenn man so will – fein getupften musikalischen Pointillismus stilistisch den Weg über den Impressionismus hinaus in elektrisierend dargestellte Spannungsfelder der Moderne. Kurz: Mit allen Sinnen wird das Publikum unweigerlich in einen musikalisch von Anfang bis Ende vereinnahmenden Sog hineingezogen.
Kritik von Thomas Gehrig
Kontakt zur Redaktion
Wiener Philharmoniker/Daniil Trifonov: 5. Abonnementkonzert
Ort: Musikverein,
Werke von: Claude Debussy, Maurice Ravel, Sergej Rachmaninoff, Nikolai Rimsky-Korsakow
Mitwirkende: Alain Altinoglu (Dirigent), Wiener Philharmoniker (Orchester), Daniil Trifonov (Solist Instr.)
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