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GIULIA Sen Guo, © Suzanne Schwiertz
Wiederaufnahme am Opernhaus Zürich
Rossinis 'Seidene Leiter' als moderne Sitcom
'La scala di seta' (zu deutsch: Die seidene Leiter) ist eine 1812 in Venedig von dem damals erst 20-jährigen Rossini komponierte einaktige Farce. Die Leiter, die dem Stück seinen Titel gibt, macht es möglich, dass Giulia jede Nacht von ihrem Ehemann besucht werden kann. Heimlich natürlich, denn obwohl sie verheiratet sind, weiß davon kein Mensch. Vor allem nicht ihr Vormund Dormont, der ganz andere Pläne für Giulia hat: Sie soll mit Blansac, dem besten Freund ihres eigentlichen Ehemannes, verheiratet werden. Dass ihrem Gatten dieser Plan Dormonts so gar nicht gefällt, leuchtet ein, zumal Blansac ein rechter Frauenaufreißer ist. Durch viele Irrungen und Wirrungen hindurch kommt es zum Finale, in dem das Liebespaar dem überraschten Vormund eröffnet, dass es ehelich verbunden ist und Blansac die Cousine von Giulia heiraten wird, zwischen denen sich im Laufe der Oper auch eine heftig Affaire entwickelt hat.
Dieses schnelle, witzige Stück erlebt in der Faschingszeit am Opernhaus Zürich seine Wiederaufnahme. Die rasante und kluge Inszenierung von Damiano Michieletto, die auch vor Übertreibungen und Slapstick nicht Halt macht, stammt ursprünglich aus Pesaro, wo die Oper 2009 im Rahmen der Rossini-Festspiele aufgeführt wurde und wanderte dann 2011 nach Winterthur bzw. ans Züricher Opernhaus. Michieletto inszeniert die Oper als moderne Sitcom, und in der Tat gibt es viele Parallelen zu vorabendlichen Soaps. Das Bühnenbild zeigt uns eine große Wohnung, in der die Wände allerdings fehlen. Dafür ist der Grundriss der Wohnung auf dem Bühnenboden markiert ist. Weil aber ein Spiegel im 45-Grad Winkel den gesamten Bühnenhintergrund bildet, kann man als Zuschauer, wenn man in den Spiegel schaut, von oben die Handlung ebenso verfolgen und weiß, in welchem Zimmer sich gerade was abspielt. Durch diesen Trick bleiben für das Publikum alle Protagonisten auch sichtbar – was in einer Oper, die mit Geheimnissen, Intrigen, Verbergen und Offenbaren spielt, eine Idee gewesen ist, die sich in der Farce bestens bewährt.
Musikalisch so richtig glücklich haben mich indes nur die Frauenstimmen gemacht. Sen Guo singt die Giulia mit einer feinen, aber dennoch vollen Stimme, die Koloraturen kommen leicht und unangestrengt und ihre große Arie 'Il mio ben' wird mit viel Gefühl und zartem Ausdruck gesungen. Deniz Uzun bringt für die kleine Rolle von Giulias Cousine eine sehr kräftige, starke Stimme mit, die beinahe schon aus der Rolle hinausgewachsen zu sein scheint. Die Männer machen durch ihr agiles Spiel einiges wett, was stimmlich dann doch noch ausgereifter sein könnte.
Der Tenor von Edgardo Rocha, der Giulias Ehemann singt, hat ein schönes, tragfähiges Piano und kräftige Höhen, könnte aber doch deutlich feiner und auch in den Höhen leichter und weniger gestemmt klingen. Carlo Lepore gibt dem Blansac einen arg polternden, undifferenzierten Bass mit unschönen Vokalverfärbungen. Mit der eigens für die Rolle eingefügte Arie 'Alle voci dell‘ amore' hat man ihm, zumindest an diesem Abend, kein Gefallen getan. Großen Spielwitz bringt Elliot Madore als Diener Giulias mit, aber auch sein Bass klingt belegt und nicht wirklich frei.
Ottavio Dantone dirigiert die Philharmonia Zürich schwungvoll, nur manchmal wackelt es etwas in der Koordination zwischen Bühne und Orchestergraben. Kräftiger Applaus für einen unterhaltsamen Abend.
Kritik von Prof. Dr. Michael Bordt
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La scala di seta: Einakter von Gioachino Rossini
Ort: Opernhaus,
Werke von: Gioacchino Rossini
Mitwirkende: Ottavio Dantone (Dirigent)
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