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Freitag, 31. März 2023

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Falk Struckmann als "Don Pizarro", Copyright: Bernd Uhlig

Falk Struckmann als "Don Pizarro", © Bernd Uhlig

'Fidelio' an der Staatsoper Berlin

Befreiungsoper am Einheitstag

Die Staatsoper gibt ihre erste Premiere der neuen Spielzeit am Tag der Deutschen Einheit. Was eignete sich da besser als Beethovens „Befreiungsoper“ Fidelio, in der wie in kaum einem anderen Musiktheater das Ideal der Freiheit zelebriert und besungen wird. Deutlich weisen Duktus und Inhalt des Schlusschores bereits auf das große Finale der Neunten voraus.

Der Chef am Pult

An so einem Abend - und wenn schon einmal Beethovens einzige Oper auf dem Programm steht - nimmt natürlich Maestro Barenboim höchstpersönlich den Taktstock in die Hand. Trotz manch allzu langsamer Tempi beweist der Generalmusikdirektor sein umfassendes Verständnis dieser Musik: durchgängige Spannungsbögen, beständige Steigerungen und rabiat exzentrische Ausbrüche spiegeln ganz den Beethovenschen Geist wieder. Bei der Einleitung entschied man sich übrigens für die eher seltener gespielte Leonore II-Ouvertüre (von den insgesamt vier Ouvertüren).

Von Emporkömmling bis Urgestein

Nach frühen Anfängen als Operettensänger hat sich Andreas Schager in den letzten Jahren als hervorragender Heldentenor etabliert. Erst dieses Jahr sprang er in Bayreuth als Parsifal für Klaus Florian Vogt und in Baden-Baden als Sigmund für Jonas Kaufmann ein. Im kleinen Schillertheater begeistert Schager nun als Florestan mit glanzvoll kräftigem Stimmklang und schön geführtem Piano. Schauspielerisch ist er nicht der einzige, der sich mit der spärlichen Inszenierung schwer tut. Denn auch der Leonore des Abends, Camilla Nylund, ist allzu oft die szenische Ratlosigkeit anzumerken. Schade, da ihre prachtvolle dramatische und passend leicht dunkel gefärbte Stimme so in der Gesamtdarbietung nicht vollends zur Geltung kommt.

Als strammer Militärbürokrat mit Mantel und Aktentasche hat es da Falk Struckmann in der Rolle des Don Pizarro wesentlich leichter – immer in Gestus und Klang gesetzt und bestimmt. Evelin Novak bringt eine feurige Marzelline auf die Bühne, Florian Hoffmann setzt als Jaquino mit scharfem und klangvollem Tonus dagegen. Den Deus ex machina, Minister Don Fernando, gibt Roman Trekel machtvoll und lässig. Nicht weniger Bühnenerfahrung strahlt Matti Salminen bei seiner – wie er zuletzt ankündigte – letzten Premiere an der Staatsoper aus. Mit einem vollen, sonoren und wundervoll weichen Bass bringt er alles mit, um ideal die Vaterrolle zu verkörpern. Auch wenn man doch mal merkt, dass der Atem nicht mehr ganz so lange hält, begeistert Salminen immer noch mit ganzer Leidenschaft.

Inszenierung? Nein Danke!

Neben Salminen ist da ja ein weiterer Veteran der Opernwelt: Regisseur Harry Kupfer. In Zusammenarbeit mit Derek Gimpel haben die beiden äußerst minimalistische Regiearbeit geleistet. Der Abend beginnt im berühmten Goldenen Saal in Wien und endet dort, mit Flügel und Beethovenbüste auf der Bühne, schon das mutet konzertant an, soll es wohl auch. Beethoven bleibt gültig, alles klar. Dazwischen passiert aber eigentlich auch nichts, außer einem Quäntchen Personenregie. Das Höchste der Gefühle sind da schon ein paar schöne Lichteinstellungen durch Olaf Freese im Zusammenspiel mit der großen Pforte, die das Bühnenbild von Hans Schavernoch formt. Klar könnte man nun in diese spärlichen Bilder etwas hineininterpretieren, die Regie hat es sich hier aber ganz offensichtlich sehr einfach gemacht. Deswegen erscheinen viele der Darstellenden dann allein gelassen und verfallen in albernes, altbackenes Schauspiel.

Ende gut, alles gut

Aber wen interessiert das nach dem kraftvoll erhebenden Schlusschor? Da kann man nur in Jubel verfallen. Bei ehrlicher Reflexion stellt sich allerdings die Frage, warum für dieses bisschen Inszenierung ein Regisseur verpflichtet wird – und dann noch solch ein Name! Es gibt halbszenische Abende, bei denen mehr inszeniert wurde.

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Kritik von Theo Hoflich

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Fidelio: Oper in zwei Aufzügen

Ort: Schiller Theater,

Werke von: Ludwig van Beethoven

Mitwirkende: Daniel Barenboim (Dirigent), Harry Kupfer (Inszenierung), Staatskapelle Berlin (Orchester), Roman Trekel (Solist Gesang), Falk Struckmann (Solist Gesang), Camilla Nylund (Solist Gesang), Matti Salminen (Solist Gesang), Florian Hoffmann (Solist Gesang)

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