Das San Francisco Symphonie Orchestra in Luzern
Solider Gesamteindruck
Bei seinem zweiten Konzert im Rahmen des Luzern-Festival präsentierte sich das in der Saison 1911 gegründete San Francisco Symphony Orchestra als grundsolider Interpret des deutschen Repertoires: In Richard Wagners Ouvertüre zu 'Der Fliegende Holländer' demonstrierte dessen derzeitger Chefdirigent Michael Tilson Thomas formales Gestaltungsgeschick in Bezug auf die Exponierung der Themen, deren Durchführung allerdings rasch zu einer Fortissimo-Schlacht entglitt, aus der die Blechbläser als klare Sieger hervorgingen.
Für orchestrales Getöse bietet Alban Bergs Violinkonzert keine Möglichkeiten, wohl aber für analytische Gestaltung, die Eindeutung Tilson Thomas' Domäne ist. Die zuvor so krafttstrotzenden Musiker traten nun in einen sensiblen, jederzeit transparenten Dialog mit dem Solisten Christian Tetzaff, der Bergs 1935 entstandenes, atonales und auf Mahlers Neunte Symphonie Bezug nehmendes Werk durchaus emotional auffasst, die Grenze zu einer romantischen Verwässerung aber nicht überschreitet. Als Ausdrucksmittel dient Tetzlaff eine unbegrenzte dynamische und klangliche Plalette, dank derer er die Töne einer Phrase kaleidoskopartig färben und im Raum entschweben lassen kann.
Die Orchesterfomation mit ihren acht Kontrabässen, die sich nach der Pause auf der Bühne auszubreiten begann, ließ bereits vor den wuchtig zelebrierten Eingangstakten von Beethovens Fünfter Symphonie vermuten, dass man von einer entschlackten Wiener Klassik in San Francisco offenbar wenig hält. Und genau so kam es: Man hörte eine - in sich zweifellos schlüssige - Interpretation, die Beethoven quasi als Synonym für deutsches Pathos sieht. Mit den geschickt angebrachten Ritardandi und rhythmischen Akzentuierungen gelingt es Tilson Thomas, trotz dieser heute sicher nicht mehr zeitgemäßen Auslegung für sich einzunehmen, wozu auch die nun funktionierende Balance zwischen Streichern und Blechbläsern beitrug.
Mit der Zwischenaktmusik aus Franz Schuberts 'Rosamunde' ließ man den Abend ruhig ausklingen, den Qualitäten des Orchesters kommt dieses kammermusikalische Stück allerdings kaum entgegen, da der Versuch der Streicher, in einem schwerelosen Piano zu spielen, vor allem zu einem substanzlosen Klang führte.
Kritik von Dr. Rainhard Wiesinger
Kontakt aufnehmen mit dem Autor
Kontakt zur Redaktion
San Francisco Symphony Orchestra: Luzern
Ort: Kultur- und Kongresszentrum (KKL),
Werke von: Richard Wagner, Alban Berg, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert
Mitwirkende: Michael Tilson Thomas (Dirigent), San Francisco Symphony Orchestra (Orchester), Christian Tetzlaff (Solist Instr.)
Detailinformationen zum Veranstalter Lucerne FestivalDieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel.
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich