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Festspielhaus Baden-Baden, © Patrick Pelster
Kernspaltung bei Rossini
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Baden-Badener Festspielhauses gibt es viel zu feiern. Am besten mit Bekannten, mit denen man schon lange verbunden ist. Einer von diesen ist der Dirigent und programmpolitische Kreativkopf Thomas Hengelbrock, der am letzten Wochenende die musikalische Leitung von Rossinis ‘Il Barbiere di Siviglia’ übernahm. Schon mehrmals nahm er sich der fordernden Aufgabe an, im Bereich der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts nach den historischen Aufführungsbedingungen zu fragen und diese in einen modernen Kontext zu integrieren. Was allein das Orchester angeht, scheint dies eine überaus lohnenswerte und auch künstlerisch auf überzeugende Weise lösbare Aufgabe. Das bestens disponierte Balthasar-Neumann-Ensemble scheute, so einige Anmerkungen im Programmheft, kaum eine (logistische) Herausforderung, um selbst das kleinste Detail an instrumentaler Färbung mit den von Rossini angezeigten Mitteln zum Klingen zu bringen. Schwierig gestaltet sich eine historisch fundierte Auseinander- und künstlerische Umsetzung mit der Belcanto-Oper aber immer noch im vokalen Bereich, was das Gesamtergebnis nicht unerheblich betrifft. Denn so differenziert und mit immensem Farbenreichtum auch immer Thomas Hengelbrock die orchestrale Begleitung zu gestalten vermochte – das Herzstück der Belcanto-Oper ist der Gesang. Und gerade hier fand die hohe Subtilität der instrumentalen Ausformung keine ebenbürtige Parallele. Denn wenn vom Sänger in der Belcanto-Oper eines gefordert ist, dann Variabilität, Gestaltungsreichtum, Improvisation, individuelle Anreicherung. Dadurch tut sich zwischen der historisch informierten Interpretationskultur des Orchesters und dem vokalen Bereich ein Spalt auf. Obwohl die vokalen Leistungen als hochklassig und – allgemein betrachtet – als durchaus in sich differenziert gelten dürfen.Ein merkliches Ungleichgewicht bildeten zudem musikalische Gestaltung und szenische Umsetzung. Was die Sänger und Instrumentalisten auch an Differenzierung und subtiler Ausgestaltung boten, fand in der Regie keinen ebensolchen Widerpart. Die von der Metropolitan Opera New York übernommene Inszenierung von Bertlett Sher schlug Rossinis ‘Melodramma buffo’ vollends der komödiantischen Seite zu, ohne sich um doppelte Böden, Subtexte und ambivalente Lesarten zu kümmern. Stattdessen wurde jede Szene mit einer Menge heiterer Elemente ausstaffiert, Slapstick-Einlagen nach gegenwärtigem Gusto eingeschlossen. Wie auch die sängerische Leistung, zeigte sich die szenische Umsetzung dabei durchaus als in sich geschlossen und als Einzelelement ohne künstlerische Unzulänglichkeiten. Nur eben im Gesamtpaket, und das ist eine Oper dann eben doch in allerhöchster Ausprägung, fielen die Einzelschichten etwas auseinander, konnte die eine künstlerische Schicht mit der detailreichen Ausgestaltung der anderen nicht ganz Schritt halten.
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Kritik von Dr. Tobias Pfleger
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Rossini: "Il Barbiere di Siviglia": Herbstfestspiele 2008
Ort: Festspielhaus,
Werke von: Gioacchino Rossini
Mitwirkende: Balthasar-Neumann-Chor (Chor), Thomas Hengelbrock (Dirigent), Barlett Sher (Inszenierung), Balthasar-Neumann-Ensemble (Orchester), Lawrence Brownlee (Solist Gesang), Franco Vassallo (Solist Gesang), Maurizio Muraro (Solist Gesang), Anna Bonitatibus (Solist Gesang)
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