Werther in der Tenor- und Baritonversion
Transponierter Liebeskummer
Seit sich Thomas Hampson der Titelrolle in Massenets ‘Werther’ angenommen hat, ist die von Jules Massenet für Mattia Battistini erstellte Baritonfassung des 1892 in Wien uraufgeführten Erfolgsstücks bei Operndirektoren plötzlich wieder ein Thema. Eine vollwertige Alternative ist die Baritonversion nicht: Die melodische Linie wirkt durch die zahllosen nach unten umgekehrten Intervallsprünge künstlich gehemmt, außerdem verliert sich die im Vergleich zum Tenor dunklere Stimme auch im wieder im Orchesterklang, da Massenet die an der Tenorstimme orientierte Instrumentierung unverändert ließ. Natürlich fehlt es der Kombination Mezzosopran-Bariton auch an klanglicher Farbigkeit. Der verlässliche Ludovic Tezier ist auch nicht der charismatische Künstler, der in der Titelrolle mitzureißen vermag. Sein angenehm timbrierter Bariton liefert die geforderten Töne ohne nennenswerte Probleme, die Phrasierung gelingt ansprechend, aber dennoch bleibt der Gesamteindruck –auch von der darstellerischen Seite betrachtet- ein blasser. Schade, dass Andrew Richards in der Tenorversion das Gestaltungspotenzial der Titelpartie mit seiner unflexiblen Höhe und so gut wie keinem Legato weitgehend unausgeschöpft lassen muss. Überflüssig noch zu betonen, dass auch die Feinheiten, die eine Interpretation erst interessant machen, bei Richards ausbleiben. Welchen der beiden Mezzos man den Vorzug gibt, ist Geschmackssache: Jennifer Larmore singt an der Seite Teziers eine sehr differenzierte Charlotte, der allerdings in den dramatischen Passagen die Durchschlagskraft fehlt. Außerdem vermisst man bei Larmores Stimme gerade in diesem Fach eine klangliche Individualität. Sophie Kochs weit dramatischerer, warm timbrierter Mezzo würde für die Charlotte an sich eine ideale Wahl darstellen, wenn die tiefen Töne feiner ausfallen würden. Der Vergleich der beiden Alberts Jean-Francois Lapointe und Jean-Luc Chaigneauds geht eindeutig zu Gunsten Lapointes aus. In der Publikumsgunst ganz oben rangierte der Chefdirigent des Theatre de la Monnaie Kazushi Ono, der eine unpathetische Interpretation erarbeitete, die vor allem die Wagner-Elemente der Partitur akzentuierte.
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Kritik von Dr. Rainhard Wiesinger
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Transponierter Liebeskummer: Werther in der Tenor- und Baritonversion
Ort: Theatre de la Monnaie,
Mitwirkende: Kazushi Ono (Dirigent), Guy Joosten (Inszenierung), Ludovic Tézier (Solist Gesang), Jennifer Larmore (Solist Gesang), Sophie Koch (Solist Gesang)
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