
Ariadne von Benda und Haydn in Dresden
Den Faden verloren
Die Dresdner Musikfestspiele haben jetzt immer ein Thema. In diesem Jahr geht es um Landschaften, das sind die von der UNESCO geschützten Auen ebenso wie die lieblichen Haine und Fluren in Böhmen oder eine antike, wüste Gegend auf Naxos, wo Ariadne ihr einsames Schicksal den Nymphen und Felsen klagt. In einer Musikfestspielveranstaltung im Kleinen Haus des Dresdner Staatsschauspiels kam jetzt alles irgendwie zu allem. Ariadne klagt in Joseph Haydns Kantate ‘Arianna a Naxos’ von 1789 in der Fassung eines unbekannten Zeitgenossen, dem Haydns Klavierbegleitung für die Sopranistin nicht angemessen erschien und er daher dieselbe für Kammerorchester arrangierte. Ariade klagt dann auch noch melodramatisch in Georg Anton Bendas Melodram von 1775 ‘Ariane à Naxos’. Dargeboten wurden die Klanglandschaften mit klagender Dame vom tschechischen Collegium 1704 unter der Leitung von Václav Luks.
Als Vorgeschmack, gewissermaßen als Spaziergang, im Schlusssatz dann über Wiesen springend und eilend, vielleicht unbeschwert hüpfend auch, die kleine Sinfonie in e-Moll von Carl Philipp Emanuel Bach aus dem Jahre 1756. Sehr beherzt gehen die Damen und Herren des Kammerensembles nicht gerade zur Sache, der Gesamteindruck bleibt so trüb und ungefähr wie das Kerzenlicht auf der Bühne, flackernd und funzelig, hell ist es nicht und dunkel auch nicht.
Zur Kantate von Haydn drapiert sich die Sopranistin Marie Fajtová im Empirekleid zwischen zwei Kerzenhaltern am Notenpult, sie hebt die Arme, einzeln oder gemeinsam, immerhin ist eine szenische Aufführung angekündigt worden. Etwas eindimensional bleibt der Gesang, zurückhaltend in der Dramatik, kaum ergreifend. Dem vorwiegend weichen Streicherklang des begleitenden Ensembles fehlt es an Schärfe. Nach der Pause die gleiche Szene, trüb bleibt das Licht, schon schwindet jede Hoffnung, dass über dieser unverändert uninspirierten Szene wenigstens ein Licht aufgehen werde. Jetzt drapiert sich ziemlich ungeschickt die Ariadnedarstellerin des Melodrams auf einem Podest rechts vor dem Orchester in liegender Lage. Noch mal das Kleid gezupft, das Haar gerichtet, die Haltung der Füße korrigiert.
Was dann geschieht mögen die Protagonisten und Regisseure zugleich, Louise Moaty als Ariane und Benjamin Lazar als Thésée, als historische Aufführungspraxis verstehen, nämlich zu deklamieren, das ‘R’ zu rrrrrrrrollen und die Enden der Wörter, insbesondere das ‘E’ zu betonen, die Stimmen manieriert in ungestützte hohe Lagen zu führen, dabei die Arme zu recken und Finger zu spreizen, es ist von unfreiwillig komischer Wirkung und hat doch keinen Funken von Humor, zumal die Stimme manchmal nach oben wegschnippst und Quieker produziert.
Wo Gefühle rasen sollten verhäkelt sich die Aufführung in freundlichem Kunstgewerbe. Keine leichte Aufgabe für den Dirigenten, denn Bendas Musik, die den Texten hier nicht unterlegt ist, besteht aus sehr knappen Reaktionen auf kurze Textpassagen, wirft Emotionen und Affekte blitzend und sprühend wie Funken in die Szene. Zu einem Gesamtgeschehen will sich das Melodram in dieser Form nicht fügen lassen. Schade, denn die Erkundung einer so unbekannten, doch sicher sehr reizvollen Klanglandschaft hätte spannender geschehen können. Dem insgesamt herzlichen Bemühen des ganzen Ensembles gebricht es leider am Mut, bei aller Beachtung historischer Erkenntnisse, einen zeitgemäßen Zugang zu wagen. Mehr Licht. Weniger kalkulierte Kuscheligkeit.
Kritik von Boris Michael Gruhl
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Dresdner Musikfestspiele: Ariadne auf Naxos
Ort: Hochschule für Musik ,
Werke von: Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn, Georg Anton Benda
Mitwirkende: Vaclav Luks (Dirigent)
Detailinformationen zum Veranstalter Dresdner MusikfestspieleDieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
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